Wider das Vergessen 5 Jahre Corona
- ramonarichter
- 12. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Mai

CORONA 2020
Wohl allen war klar: Das Virus wird keinen Bogen um Spanien machen.
Ich erzähle heute, am 12. März 2025 wie es hier war genau vor 5 Jahren, weil ich mich erinnern möchte, was wirklich wichtig ist im Leben.
Chortreffen
Der Reihe nach: Das Chortreffen am 28.2. hat noch stattgefunden. Entspannt fühlte ich mich nicht. Aber zu dem Zeitpunkt gab es in ganz Spanien kaum bestätigt Infizierte und in der Provinz Granada hatte es noch niemanden getroffen.
Portugal
Die Reise nach Portugal vom 6.- 8. März war dann schon eine größere Herausforderung. Wie soll es auch anders sein, natürlich saßen ein paar "Hustinettenbären" im Bus. Aber im Landkreis Granada war immer noch niemand als infiziert bestätigt.

Weise Voraussicht
Am Montag und Dienstag, 9. und 10. März, machte mein Partner einen Großeinkauf im Super und ich einen Groß-Gemüseeinkauf im Bio in Frigiliana. Was ein Glück! Von Donnerstag 12.3. an war dann auf einen Schlag alles ganz anders: Fünf Mitarbeiter ausgerechnet des Gesundheitszentrums in Almuñécar waren positiv getestet.
Ohne Zögern
Alles wurde von jetzt auf gleich abgesagt.
Bevor noch die offizielle Ausgangssperre verhängt war, wurden hier bereits die Strände abgesperrt und Restaurants geschlossen. Wir waren angehalten zu hause zu bleiben.

Rasanter Anstieg
Die Zahl der Erkrankten in Spanien stieg rasant. Am 8.3. waren erst 580 entdeckt, eine Woche später am 15.3. waren es 7.753. Wo soll das noch hinführen, fragte ich mich.
Notstand
Der Notstand wurde ausgerufen - und damit begannen die Wochen der Verbannung, wie "confinamiento" übersetzt werden kann. Unser Präsident Pedro Sanchez bereitete uns in einer berührenden Rede darauf vor, dass die folgenden zwei Wochen die schwierigsten sein würden. Und sie wurden es.
Ich schrieb in mein Tagebuch: Zigtausenfach werden wir mit der Brüchigkeit des Lebens konfrontiert, der Verletzlichkeit des Einzelnen, eines Landes, eines Kontinents, letztlich der ganzen Welt.
Jahre später - 2023 - wurde Pedro Sanchez in einem Interview vor den Wahlen gefragt, ob er denn mal geweint hätte. Seine Antwort: Ja, während der Pandemie.
Einige Regeln:
Die Wohnung durfte nur zum Einkaufen und Müll entsorgen verlassen werden. Spaziergänge waren verboten! Einkäufe immer nur allein.
Im Auto durften keine zwei Personen sein. Das wurde kontrolliert, besonders an den Aus- und Einfahrtstraßen zu den Ortschaften.
Es gab Listen, was als notwendig definiert wurde. Wer nur Bier und Chips kaufte und erwischt wurde, musste berappen - und das nicht zu knapp.
Da manch einer morgens zwei Brötchen und nachmittags drei Tomaten kaufte, wurde ein Mindestbetrag des Einkaufs festgelegt.
Mit dem Hund durfte man sich maximal 100 m vom Haus entfernen. Es stellte sich später heraus, dass manche ihre Hunde "vermieteten". Darüber wurden Witze gemacht: Hund zu verkaufen, 6 Monate alt, nur 12.000 km.
Wortschatzerweiterung
Diese Worte hatte ich am 16.4. notiert. Ich kannte sie nicht und musste nachschlagen. Sie sind einem Zeitungsartikel entnommen.
sufrimiento - Leiden
dolor - Schmerz
angustia - Angst
desesperanze - Hoffnungslosigkeit
paulatinamente - nach und nach
aplanamiento - Abflachung / Einebnen
mantenerse - beiben, sich behaupten
Erster Einkauf im Super
Nach Wochen stand ein Großeinkauf an. Gemüse und manch anderes bekamen wir vom Bio aus Frigiliana wöchentlich ins Haus geliefert.
Der Einkauf war enorm. Wir hatten nun Linsen gefühlt auf Lebenszeit im Schrank.
Persönliche Krisentage
Persönliche Krisentage gab es auch: Zahnmuckern zum Beispiel. Wer hat schon Lust in einer solchen Zeit den Schnabel wie ein Vögelchen aufsperren zu müssen? Schrecklich, oder? Dank Spülen hielt er Ruhe.
Und natürlich flossen hin und wieder auch Tränen, besonders nach Telefonaten mit der Familie.
Vereinfachtes Leben
In der Zwischenzeit waren wir fast sieben Wochen in der "Verbannung". Auf eine merkwürdige Weise war das Leben einfacher geworden. Wir hatten Zeit! Keine Termine, keine Rennerei!
Vieles, was wichtig erschien, verlor an Bedeutung - der regelmäßige Friseurtermin zum Beispiel oder die neue Wandfarbe.
Dafür begann ich wieder zu zeichnen und zu malen, viel zu backen und zu kochen.
Augenstudie / Dschungelexpress / Knoblauch (Durch Kllickn werden die Bilder größer)
Was fehlt
Was mir fehlte, waren soziale Kontakte, vor denen ich mich aber arg fürchtete. Dankbar war ich allen lieben Menschen, die an mich dachten, sei es per WhatsApp, per Mail oder mit einem Anruf. Es war wohltuend und über jede kleine Nachricht freute ich mich. Die Tage waren lang, die Nächte manchmal länger.
Schrittweise zurück ins Leben
Nachdem Kinder bis zum Alter von 14 Jahren nach 6 Wochen (!!!) eine Stunde am Tag raus durften, sollte es bald Erweiterungen geben. Auch wir sollten wieder rausgehen dürfen - jenseits des Einkaufes.
Der Radius blieb eng gesteckt. Wir wollten nach nem Großeinkauf möglichst bald ins Cortijo fahren, dort bleiben und nur zum Einkaufen hin und wieder unter Menschen gehen.
Im Cortijo
Das Zusammensein mit meinem Partner, der blaue Himmel, die Sonne und der kleine Pool vor der Tür machten es nicht sonderlich schwer. Entspannt zusammen mit anderen würde ich ohnehin erst sein, wenn es einen Impfstoff gibt - dachte ich damals.

Dammbruch
Nach vielen Monaten machte ich mich auf zu einem Einkauf. Auf dem Rückweg fuhr ich heulend an blühenden Straßenrändern entlang. Links unter mir das blaue Meer, über mir der Himmel mit Wattewolken bestückt. Der Straßenrand ein Blütenmeer. Ein Bild des Friedens. Ich schlug auf's Lenkrad und schrie: Du verfluchtes, du elendes Scheißvirus! Ich hasse dich!
Und dann war ich still.
Und heute
Fünf Jahre sind seither vergangen. Sehr zögerlich nur hatte ich mich realen sozialen Kontakten öffnen können. Bis heute macht es mich noch kribbelig, wenn Menschen mit Rotznasen oder Husten ohne Maske unterwegs sind.
Ich merke aber auch, doch immer mal vergessen zu haben, was wirklich wichtig ist:
Gesundheit und Begegnung.
Wenn dir diese Erinnerung gefällt oder du sie für sinnvoll erachtest, freu ich mich über einen Klick aufs kleine Herz rechts unten.
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