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  • ramonarichter

Wie alles begann (1)

Aktualisiert: 11. Aug.




Lang schon hegte ich den Traum, wenigstens einmal im Leben ein halbes Jahr in Spanien zu verbringen, dem deutschen Winter in einer Großstadt zu entgehen. Die Kälte war nicht mein Hauptproblem, sondern der manchmal wochenlang graue Himmel. Oft erschien er mir wie eine Glocke, unter der wir alle sehnsüchtig auf den Frühling warten.


Erster Schritt - Sprachkurs

Ich belegte einen Sprachkurs bei der Volkshochschule und meldete mich bei Busuu an. Ausschließlich im Supermarkt einkaufen müssen, erschien mir nicht verheißungsvoll.

Das möchte ich allen ans Herz legen. Es hilft sehr, wenigstens über einen kleinen Grundwortschatz zu verfügen. Außerdem näherte ich mich durch den Kurs auf eine ganz andere Weise der Kultur, dem Denken und Fühlen des Landes an. Ich wurde zu mehr fähig als zur reinen Übersetzung eines Wortes.


Zweiter Schritt - Suchen und Finden

Spanien ist riesig und vielfältig. Das Baskenland unterschiedet sich von Katalonien, Katalonien von Galizien, Galizien von Andalusien usw. Ich wusste nur: Am Meer sollte es sein. Ob Mittelmeer oder Atlantik stand noch nicht fest.

Zählt man die Inselgruppen hinzu, verfügt Spanien über stattliche 7661 km Küste. Doch die Inseln schieden gleich aus. Ich fliege nicht und immer Fähre fahren müssen finde ich auch nicht toll.


Weder Norden noch Atlantik

Der Norden ist deutich grüner als der Süden Spaniens. Er kam denoch nicht in Frage. In Galicien regnet es 150 Tage im Jahr. Die Atlantikküste Andalusiens, die Costa de la Luz (Küste des Lichts), ist faszinierend schön, aber wartet mit hoher Luftfeuchtigkeit und im Winter nachts mit Temperaturen um die null Grad auf.


Einmal Mittelmeer bitte

Ich entschied mich für die Mittelmeerküste. Sie ist 1491 km lang, beginnt in Katalonien, führt über Valencia und Murcia nach Andalusien. Nach Katalonien wollte ich wegen der damals recht aktiven Separatistenbewegung nicht. Über Valencia dachte ich länger nach, über Murcia nie, Andalusien blieb.


Ich klapperte Buchhandlungen ab und fand Bücher, die mehr als traditionelle Reiseführer sind. Wer der Seele Andalusiens näher kommen möchte, dem sei vor allem dies ans Herz gelegt.


  • Paul Ingendaay: Gebrauchsanweisung für Andalusien / 3. akt. Neuausgabe 2018


Aber wo nun hin am Mittelmeer?

Heute können wir uns fast alles im Internet anschauen. Und so kurvte ich Wochen jeden Tag digital die Küste rauf und runter und stolperte dabei über das Städtchen Almuñecar mit dem 8km entfernten Ortsteil La Herradura. Welch ein Glück!



Almuñecar liegt an der Costa Trópical, die wiederum in der Provinz Granada und verfügt über 19 km Küste mit 30 verschiedenen Stränden. Es schaut stolz auf eine 3.000-jährige Geschichte zurück und gehört zu den 10 ältesten Städten Spaniens.


Das kulturelle Angebot war und ist überwältigend: Theater, Konzerte, Internationale Jazztage, Ausstellungen, Prozessionen, Märkte und was noch alles. Eine imposante Mischung aus Natur und Kultur.

2021 gab es knapp 26.000 Einwohner, etwa 21% davon kamen aus anderen Ländern. Info: www.juntadeandalucia.es


Prima Klima

Die Costa Trópical ist das einzige Gebiet in Europa, in dem Tropisches gedeiht, wie Mangos, Chirimoyas, Avocados und Zitrusfrüchte daneben natürlich auch. Im Winter fallen die Temperaturen kaum unter 12° Grad. Im Sommer wird es nicht so heiß, denn die Berge halten die kontinentale Kälte und Hitze ab.



Ich wusste also, dass

  • Almuñecar auf eine lange Geschichte zurückblicken kann,

  • es ein beeindruckendes kulturelles Angebot gibt,

  • Menschen vieler Nationen hier leben

  • und das Klima vielversprechend ist;

  • der Flughafen Málaga weit genug entfernt liegt aber nah genug, um Besuchern eine einigermaßen bequeme Anreise zu ermöglichen;

  • Granada ebenfalls schnell zu erreichen sei,

  • die Sierra Nevada Wintersport ermöglicht - wenn man denn will. Ich wollte nicht!

Wohnungssuche in digitalen Zeiten

Kennt ihr auch diese Krux des Internet? Hinter jedem Angebot könnte ein besseres warten. Nägel mit Köpfen sollten her. Bald buchte ich eine Wohnung am Paseo San Cristóbal. Der Preis war mehr als moderat. Sie hatte drei Schlafzimmer, wenn auch zwei davon recht klein. Familie und Freunde konnten jedenfalls kommen.


Vom Sorgenkarusell

Ich war überglücklich und gleichzeitig erschreckt über meine Entscheidung. War sie wirklich mutig oder eher leichtsinnig? Und schon drehte sich das Sorgenkarusell. Auweia!!!


  • Wie würde die Fahrt über bald 3.000 km verlaufen?

  • Hoffentlich bekomme ich keinen Wadenkrampf auf der Autobahn!

  • Was ist, wenn mir der Ort ganz und gar nicht gefallen sollte?

  • Und die Wohnung, ist es wirklich die richtige?

  • Wie wird es mir gehen, allein in Spanien?

  • Werde ich Kontakte knüpfen können?

  • Reichen meine paar Brocken Spanisch?


Zu meinen sorgenvollen Gedanken kamen dann noch die der ach so wichtigen Bedenkenträger. Plötzlich kannten alle irgendwelche Leute, die nach vielen Jahren in Spanien doch nach Deutschland zurückkehrten. Als sei das ein Scheitern, als könne man ihnen die Jahre nehmen, als sei die Zeit veschwendet gewesen.

Was ein Quatsch! 


Aber, auch wenn mich Sorgen plagten, in meinem tiefsten Innern war klar: Ich muss das machen!

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